Ethik und Moral und wie diese unsere Zukunft bestimmen

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Summary

Ethik und Moral als abzugrenzende Begriffe bilden die Leitplanken für unsere Zukunftsgestaltung. Eine Handlung wird als moralisch korrekt gesehen, wenn diese von allen als richtig oder gerecht angesehen wird. Es muss nun definiert werden wer „alle“ sind. Eine unterschiedliche Evaluierung durch verschiedene Kulturkreise von „Zukunftsthemen“ führt zu unterschiedlichen Wertemaßstäben und damit auch zu beschleunigten oder bremsenden Trends bei der Einführung von „Zukunftsthemen“.

Wie differenzieren sich Moral und Ethik?

Ethik und Moral als abzugrenzende Begriffe bilden die Leitplanken für unsere Zukunftsgestaltung. Dabei ist zuerst eine Differenzierung zwischen den beiden Begriffen erforderlich bevor wir uns überlegen wie diese Leitplanken für den entsprechenden Kontext gelten und damit unsere Zukunft direkt beeinflussen.

Ethik leitet sich von dem griechischen Wort ēthos ab. Übersetzt heißt dies Charakter oder Sinnesart. Moral stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt Sitte. Die Ethik ist daher die übergeordnete Instanz und beleuchtet verschiedene Moralen und betrachtet diese unter philosophischen Aspekten. Moral ist die praktische Anwendung der Ethik. Moral ist die ausübende bzw. praktische Ethik.

Was ist nun ethisch richtig?

Eine Handlung wird als moralisch korrekt gesehen, wenn diese von allen als richtig oder gerecht angesehen wird. Nun muss definiert werden wer „alle“ sind. Im Rahmen der Globalisierung und der immer engeren Verzahnungen der Kulturen und Wirtschaften ist dies nicht so einfach. In unserem europäischen Kulturkreis ist der ethische Wertemaßstab geprägt durch die Fragen wie:

  • Ist das natürlich?
  • Ist das normal?
  • Ist das menschlich?

In anderen Regionen wie z. B. dem Silikon Valley oder oft auch in Asien wird gefragt:

  • Ist das von Schaden?
  • Ist das von Nutzen?
  • Hat es eine Nebenwirkung?

Empirisch unterlegt ist diese Diversität bereits bei Hofstede mit der Kulturdimension „Unsicherheitsvermeidung“ wie in meinem Beitrag Internationales Projektportfolio-Management unter Berücksichtigung kultureller Unterschiede erläutert. Deutschland hat einen Wert von 65 bei der Unsicherheitsvermeidung im Gegensatz z. B. von China mit 40 und den USA mit 46. Hier sind also die beiden anderen Kulturkreise als deutlich wagemutiger eingestuft im Vergleich zu Deutschland.

Ethische Diversität und Inhomogenität der Kulturkreise

Wie bereits vor über einem Jahr in meinem Artikel „Projektleiter im Jahre 2030“ angekündigt werden „in 500 Wochen … Roboter die Pflege von alten Menschen unterstützen.“ Ist dies natürlich, normal oder gar menschlich? Die Mehrheit der Europäer wird sagen: Nein.

In den USA oder Asien wird die Beleuchtung dieses Aspekts auf Schaden, Nutzen und Nebenwirkung eine ganz andere Beantwortung nach der ethischen Frage erfolgen. Denn durch diese Gemeinschaften wird vorgebracht werden: Der Pflegekräftemangel wird sich immer stärker zeigen und dann ist der Nutzen eines Roboters in der Altenpflege sicherlich höher als potentieller Schaden. Im Gegenteil wird vorgebracht werden, dass Schaden vermieden wird, weil die zu pflegenden Älteren sich nicht „aufliegen“ im Bett aufgrund des vielen Liegens und der ständigen Notwendigkeit des Umbettens. Hat es irgendwelche negativen Nebenwirkungen? Sicherlich nicht, denn anstatt sich das Personal um pflegende Tätigkeiten zu kümmern werden sich die Mitarbeiten auf die Kommunikation und die Betreuung kümmern können. Sie sehen, je nach Kulturkontext fallen diese ethischen Betrachtungen unterschiedlich aus.

Die Betrachtung der These aus demselben Artikel „In 500 Wochen werden wir Fleisch aus Laboren gezüchtet essen“ kann analog beleuchtet werden und man wird die gleiche Diskrepanz der Betrachtungsweise feststellen.

Neben der Diversität ist auch die Inhomogenität der Kulturkreise festzuhalten. Innerhalb jedes Kulturkreises werden Anhänger beider Ausprägungen was ethisch ist und was nicht vorzufinden sein. Zum einen Anhänger mit dem Fokus auf Prüfung auf Natürlichkeit und Menschlichkeit vs. den Anhängern die eher die Schaden- und Nutzenevaluierungen in den Vordergrund stellen.

Auswirkungen auf die Entwicklung der Zukunftstrends

Diese fundamental unterschiedliche Evaluierung von „Zukunftsthemen“ führt zu unterschiedlichen Wertemaßstäben und damit auch zu beschleunigten oder bremsenden Trends bei der Einführung von „Zukunftsthemen“. Werden wir deshalb in Europa hinterher hinken bei den neuen Trends und werden anderen Regionen Pulsgeber sein?

Ich denke das hängt stark von den Themengebieten ab. Im Themenfeld „Unsterblichkeit“, das heißt in den ersten Schritten DNA-Replikationen und Veränderungen sind asiatische Forschungslabore und Unternehmen mit weitem Vorsprung bereits an konkreten Forschungen zur Unsterblichkeit. Im Bereich von autonomen Fahren dürfte im wissenschaftlichen Bereich noch eine gewisse Stärke im europäischen Raum liegen, im kommerziellen Bereich hat sich dies bereits neutralisiert oder gar verschoben. Im Bereich Blockchain hat sich erfreulicherweise in Deutschland eine gute Basis an Startups gebildet, die international wettbewerbsfähig sind.

Benötigen zukünftige Trends neue Regularien?

Nun stellt sich die Frage ob für diese Trends bereits Regularien notwendig sind. Zu Themen wie Social Media (bereits etablierte Commodity-Produkte wie z. B. Facebook) sind diese etabliert. Zum Thema autonomes Fahren gibt es weltweite Regularien-Prototypen die als limitierte Regularien eingesetzt sind und durch die Politik versuchsweise temporär etabliert wurden. Hier muss es der deutschen Politik rechtzeitig gelingen diese sinnvoll zu adaptieren um diese neuen Trends in unserer Region nicht auszubremsen im Vergleich zu anderen Regionen. Hier hängen Schlüsselindustrien wie die deutsche Automobilwirtschaft am seidenen Faden und könnten von einer lahmenden Gesetzgebung ins Hintertreffen kommen. Denn es wird nicht entscheidend sein, wer auf welchem Versuchsgelände die ersten und besten autonomen Fahrten in realitätsnahen Umgebungen absolviert hat, sondern wer in die breite Masse damit gehen kann und auch vorzuzeigen hat. Es ist bereits heute so, dass autonome Systeme sicherer Fahren können als jeder menschliche Fahrer (in den meisten Umgebungen). Der einzige mir bekannte Zukunftstrendbereich für den selbst die weltweit größten Visionäre klare Regularien sich wünschen ist der Bereich der künstlichen Intelligenz. Hier sollen frühzeitig Limitationen gesetzt werden, damit dann der Mensch als zweitintelligenteste Kreatur, nach der KI, nicht Knecht dieser wird. Befürchtungen in diesem Bereich sind nicht völlig unbegründet, aber äußerst komplex zu regulieren. Spannende Zeiten.

Veröffentlicht von

Marc Widmann

Mein Name ist Marc Widmann, Ehemann, Vater von zwei Söhnen, begeisterter Hobbyfotograf und wohne in Hattersheim bei Frankfurt. Im Berufsalltag leite ich Projekte und Programme im Informationstechnologie-Umfeld. Coache Projektmanager und auditiere Projekte. Ich habe langjährige Erfahrung im Consulting und IT-Outsourcing mit Projekt-Portfolio-Management-Aufgaben. Besonders Spaß macht es mir mit internationalen Teams zu arbeiten bei Tata Consultancy Services. Ehrenamtlich engagiere ich mich bei der Gesellschaft für Projektmanagement (GPM-IPMA) als Assessor in der Personenzertifizierung im Projektmanagement. Ich selbst bin auch zertifiziert als IPMA Level A Certified Project Director (GPM) und IPMA Level B Certified Senior Project Manager (GPM). Mehr über mich.

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