Sechs Interdependenzen

Vom „Magischen Dreieck“ zu den „Sechs Interdependenzen“

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Summary

Die Projektzielgrößen, das magische Dreieck, Tripple Constraint oder auch Objectives Triangle genannt ist eine konsolidierte Darstellung der Projektziele. Im Laufe der Zeit ist eine weitere Zielgröße hinzugefügt worden, die Stakeholderzufriedenheit, im speziellen die Auftraggeberzufriedenheit. Das Projekt wird im Kontext von Organisationen durchgeführt. Zumindest eine Organisation stellt Ressourcen in Form von Projektpersonal und sachlichen Einsatzmitteln zur Verfügung. Eine einfache Einsatzmittelplanung des Projektes, optimiert für das Projekt, isoliert vom Kontext ist nicht zielführend. Jedes Projekt hat nicht nur positive Aspekte, sondern verursacht auch einen Schaden. Dies sind die „Sechs Interdependenzen“, welche auch auf agile Projektmanagementansätze zutreffen.

Ursprung und die Entwicklung

Die Projektzielgrößen, das magische Dreieck, Tripple Constraint oder auch Objectives Triangle genannt ist eine konsolidierte Darstellung der Projektziele anhand den Messgrößen

  • Ergebnis bzw. Leistung,
  • Aufwand (Stunden bzw. Personentage und Kosten) und
  • Zeit (Dauern und Termine).

Im Laufe der Zeit ist eine weitere Zielgröße hinzugefügt worden, welche die Stakeholderzufriedenheit, davon vor allem die Auftraggeberzufriedenheit, darstellen soll. Eine Erweiterung zum magischen Viereck ist dabei nicht erfolgt, sondern wurde als Erweiterung des magischen Dreiecks gesehen.

Ein magisches Viereck im Zusammenhang mit Projektmanagement hielt fälschlicherweise Einzug in die Literatur, in der die Qualität separat aufgenommen wurde. Hiervon ist aber klar Abstand zu nehmen, da die Qualität inhärent in den vorgenannten Zielen verankert ist.

Wir können also festhalten, dass zunächst mindestens vier Messgrößen für den Projekterfolg sind: L, T, K und Stakeholderzufriedenheit.

Der Projekterfolg im Kontext des Umfeldes

Das Projekt wird im Kontext von Organisationen durchgeführt. Zumindest eine Organisation stellt Ressourcen in Form von Projektpersonal und sachlichen Einsatzmitteln zur Verfügung. Auch diese sind limitiert und es ist ein Bestandteil der Planungspflichten und damit Kriterium des Projekterfolges, wie effektiv das Projektpersonal und wie schonend/begrenzt die Projektressourcen für die Gesamtorganisation eingesetzt werden. Denn das Projektpersonal ist oft in der Linie mit anderen Aufgaben betraut und / oder die Mitarbeiter sind in anderen Projekten ebenso dringend gesucht. Die sachlichen Einsatzmittel wie ein Bagger werden z. B. auf einer anderen Baustelle ebenso wichtig für den Projektverlauf. Eine einfache Einsatzmittelplanung des Projektes optimiert für das Projekt isoliert vom Kontext ist nicht zielführend. Die Optimierungsbedarfe, welche der Projektdirektor, die Projektportfolio-Manager oder die Fachabteilungen vorgeben für Projekteinsatzmittel sind nicht nur ein einseitiger Prozess. Vielleicht würde die Berücksichtigung der Interdependenz Ressourcenoptimierung beim Projekterfolg auch den Gedankenkonstrukt „von Projektmitgliedern nur als Einsatzmitteln zu denken“ im Keim zu ersticken.

Jedes Projekt hat nicht nur positive Aspekte, sondern verursacht auch einen Schaden. Z. B. führt eine Implementierung einer Software eventuell zum Abbau von Arbeitsplätzen. Oder ein Umweltschutzprojekt zur Anlage eines neuen Naturschutzgebietes führt zum Verlust einer Ackerfläche eines Bauern. Hier entsteht ein Schaden für den Bauer, auch wenn er dafür sicherlich entschädigt wird. Hier haben wir also einen klaren Beitrag zum Projekterfolg in diesem Falle mit negativem Vorzeichen. Wir können diesen negativen Zahlbeitrag nicht einfach von der Leistung abziehen. Hier würden wir es uns zu einfach machen, denn die Leistung ist die gewünschte Dimension des Auftraggebers und berücksichtigt nicht zwangsläufig den Schaden.

Damit haben wir nun neben L, T, K und Stakeholderzufriedenheit zwei weitere Erfolgskriterien wie Ressourcenoptimierung und Projektschaden festgehalten.

Damit haben wir die „Sechs Interdependenzen“ umrissen.

Sechs Interdependenzen

Agilität und die Spiegelung der sechs Interdependenzen

Nun könnte man denken, das magische Dreieck war für mich als agiler Product Owner sowieso nie von Relevanz, da die Leistung durch die Zahl der Storypoints die in einem Sprint abgearbeitet werden können ohnehin „fix“ ist. Dies ist trügerisch und nicht wirklich zutreffend, da durch die Priorisierung des Backlogs selbstredend die wichtigste Leistung als „Bestandteil“ des Vorhabens definiert wird. Eine Umpriorisierung, eine Hinzunahme oder auch Wegnahme von Storys zu jedem Sprintbeginn verändert bewusst die Leistung des Vorhabens. Also dürften die sechs Interdependenzen auch in der agilen Praxis von Relevanz sein.

Für die Blogparade von Stephan Grabmeier #FutureBusiness

Veröffentlicht von

Marc Widmann

Mein Name ist Marc Widmann, Ehemann, Vater von zwei Söhnen, begeisterter Hobbyfotograf und wohne in Hattersheim bei Frankfurt. Im Berufsalltag leite ich Projekte und Programme im Informationstechnologie-Umfeld. Coache Projektmanager und auditiere Projekte. Ich habe langjährige Erfahrung im Consulting und IT-Outsourcing mit Projekt-Portfolio-Management-Aufgaben. Besonders Spaß macht es mir mit internationalen Teams zu arbeiten bei Tata Consultancy Services. Ehrenamtlich engagiere ich mich bei der Gesellschaft für Projektmanagement (GPM-IPMA) als Assessor in der Personenzertifizierung im Projektmanagement. Ich selbst bin auch zertifiziert als IPMA Level A Certified Project Director (GPM) und IPMA Level B Certified Senior Project Manager (GPM). Mehr über mich.

7 Gedanken zu „Vom „Magischen Dreieck“ zu den „Sechs Interdependenzen““

  1. Das magische Dreieck hat ja den Vorteil, dass die wechselseitigen Abhängigkeiten sehr einfach transparent gemacht werden können. Die zusätzlichen Interdependenzen überzeugen mich nicht wirklich. Stakeholderzufriedenheit ist so eine Sache: wenn die gewünschte Leistung zum gewünschten Termin innerhalb des Kostenrahmens geliefert wird, dürften mehr als 95% zufrieden sein (Pareto-Optimum übertroffen). Ich habe aber auch Stakeholder kennengelernt, die niemals zufrieden waren, weil es hätte ja noch mehr zu niedrigeren Kosten sein können. Unzufriedenheit wird dann als taktisches Instrument eingesetzt, um noch mehr als einem Dienstleister heraus zu quetschen – oder gibt es inzwischen eine objektive Messmethode? Der Blick auf externe Schäden greift m.E. auch zu kurz. Es gibt externe Effekte, die sowohl positiv wie auch negativ sein können, z.B. kann neben dem Projektziel im engen Sinne auch die Ausbildung der Mitarbeiter durch Training on the Job eine positive Wirkung für die Zukunft entfalten. Solche Effekte können in der Auswahl bzw. Priorisierung der durchzuführenden Projekte eine Rolle spielen, das normale Projektgeschäft – mit der triple constraint – fängt eigentlich erst danach an. Und das gilt auch für die Ressourcenoptimierung. In den drei neuen vorgeschlagenen Interdependenzen sehe ich zumindest für die Projektdurchführung keinen Erkenntnisgewinn.

    1. Danke für Deine anregenden Gedanken.
      Bezüglich Deiner „Nie-gesättigten Stakehokder“ habe ich in der Praxis erlebt, dass eine absolute Priorisierung über alle Ziele hinweg hilft dessen eigene Prioritäten bewusst zu machen. Das heißt, neben der Muss-Kann-Soll-Kategorisierung empfiehlt sich eine Priorisierung mit klarerer Definition was ist das 1., 2., 3., 4., 5., … x-wichtigste Ziel. Nach Deiner Frage ob es denn eine objektive Messmethode gibt die Ziele zu messen: Hier muss man immer noch auf die Kombination aus SMARTen Zielen, Vollständigkeit der Ziele und auch vor allem der Abgrenzung von Nutzenzielen (= Business Nutzen/Business Objectives) und aber auch Nicht-Ziele verweisen. Eine Betrachtung dieser Zielkategorien hilft sicherlich die Stakeholder zu einer klaren Aussage bzw. Festhalten der Erwartungshaltung vorab anzuregen / zu verpflichten.
      Interessant, dass Du das Paretooptimum und eine klar messbare 95% Schranke erwähnst. Da würde mich interessieren, wie Du dies misst.
      Den von Dir erwähnten Nutzenvorteil des Projektes lässt sich an den Nutzenzielen definieren des Projektes. Und genau wie bei Risiken und Chancen gibt es hier ein positives und negatives Vorzeichen. Ich habe hier bewusst wie beim Risikomanagement das negative Vorzeichen (also hier Schaden) als initialer Betrachtungswinkel gewählt, um bewusst diese Beleuchtung zu provozieren. Nutzen und damit Nutzenziele wurden in der Vergangenheit oft und gut von Projektmanagern definiert (in Abgrenzung zu deren Leistungszielen).
      Dein Beispiel mit dem „Training on the Job“ im Rahmen des Projektes ist meiner Meinung nach ein gutes Beispiel für ein wohl zu definierendes soziales Ziel in einer Zielebetrachtung, sofern das „training on the job“ während der Projektlaufzeit geschieht. Sollte dagegen dieses „training on the job“ im Nachgang des Projektes anhand der Nutzung des Projektgegenstandes (z. B. Nutzung der implementierten Software im Alltagsbetrieb nach Projektende) ist es ein klares Nutzenziel und auch als solches zu definieren.
      Die ergänzten Interdependenzen helfen meiner Wahrnehmung nach der klaren Definition des Projektgegenstandes und der Abgrenzung durch die Nutzung dieses und der wohlen Definition der Rahmenbedingungen (Kontextbestimmung) in dem Rahmen der Ressourcen und
      Meiner Meinung nach bringen die Sechs Interdependenzen die Dinge, die bisher teilweise stiefmütterlich am Rande neben dem magischen Dreieck definiert wurden durch Nutzenziele, Einsatzmittelplanung (aber bisher nur mit dem Fokus auf das Projekt und nicht der gesamten beteiligten (Stamm-) Organisation(en)) mehr ans Tageslicht. Hier habe ich in der Praxis bereits positive, bewusstere und vollständigere Zieldefinitionen erreicht. Somit zeigen die Sechs Interdependenzen alle bekannten praxisbewährten projektmethodischen Hilfsmittel wie magisches Dreieck, zusätzlich Abgrenzung von Nicht-Zielen und Nutzenzielen und nun bewusst der negativen Nutzenzielen als Schaden, bewusste Einschränkung der Ressourcen und aber eine nicht nur für das Projekt (wie es klassisch bei der Einsatzmittelplanung vornehmlich passiert), sondern auch eine für alle beteiligten Organisationen optimierte Ressourcenplanung auf.
      Danke nochmals für Deine Anregungen! Freue mich auf weitere fruchtbare Konversationen.
      N. B. Ich werde einen Artikel zu Zieldefinition in meinem Redaktionsplan vorsehen, dank Deiner Anregung als Erläuterung der Sechs Interdependenzen.

  2. Insbesondere den Begriff Schaden empfinde ich als recht wichtigen Aspekt, den ich sehr gerne vom Begriff Risiko getrennt sehen würde. Bildlich gesprochen sind das all die Leichen und Blutspuren, die so manches Projekt hinterlässt.
    Ob sich dieser Aspekt allerdings aktuell zum Steuern eines Projektes auf allen Verantwortungsebenen wirklich eignet ist eine durchaus diskussionswürdige Frage. ich finde dennoch, die Zeit ist reif zur Beachtung, bevor die letzten Wälder und Tundren brennen.

    1. Dem stimme ich zu, weil oft Schaden als Bestandteil von Risiko gesehen wird und damit das Risiko einseitig vordefiniert wird und nicht als Grundlage einer neuen Chance. Risiko ist für mich die Grundlage von MUT, einem der 5 Scrum-Werte, also den Mut zu haben, das Richtige zu tun und an einem schwierigen komplexen Problem zu arbeiten, was per se immer ein Risiko darstellt, aber eben keinen Schaden verursacht.

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